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Spreu im Wind - 1945 (Blätter im Wind)

Frühjahr 1945 – Ferchesar (b. Rathenow) im Havelland

Elfriede Zachen sehnte bei der Familie ihres Mannes das Ende des Krieges herbei,
... doch es war noch lange nicht Schluss:

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Bald darauf kam tatsächlich für unser Dorf der Räumungsbefehl und damit auch hier die Verwirrung wie überall, von woher wir bis jetzt geflohen waren.
In aller Eile wurden Dinge, die man zu gebrauchen glaubte, auf den Pferdewagen geworfen, und dann zogen wir alle – alle ins Luch an den Witzker See. Ich dachte daran, wie wir vor einer Woche beim Kartoffelsetzen noch darauf gehofft hatten, dass bald der Schlusspunkt dieses bösen Krieges gemacht werden würde, aber es dauerte.
Nachdem wir etwa eine Woche so im Waldlager verbracht hatten, uns häufig vor Tieffliegern verkriechen mussten und des Nachts die Artilleriegeschosse über unsere Köpfe hinwegsausen hörten, packte mich die Panik. Ich rief die Kinder, griff die Koffer und rannte los in Richtung Kanal in der Hoffnung, von dort aus vielleicht mit einem Boot über den See zu gelangen. Doch nach wenigen Metern saßen wir schon im Stacheldraht fest, die
Strümpfe zerrissen, die Schuhe durchnässt. Es gab kein Entrinnen, wir befanden uns mitten im Kriegsgeschehen.

Dann ging Rathenow in Flammen auf. Blutrot war der Himmel, als des Nachts die halb irren Menschen an uns vorüberzogen, der Hamburger Chaussee zu, die vom Feind gerade wieder frei sein sollte.
Da machten auch wir uns auf. Agnes und Willi wollten nicht mit. So ließ ich meinen Bettsack bei ihnen auf dem Wagen. Arndts hingegen schlossen sich an und noch eine Frau mit zwei Kindern. Morgens ging es los. Arndts hatten ihren Pferdewagen voll Hausrat und Betten gepackt. Obenauf legten sie ihren kranken Vater. Der Opa aber, halb taub, wurde auf den Bock gesetzt, er musste kutschieren. Frau Arndt und Gertrud liefen nebenher, während Annemarie auf dem Fahrrad fuhr. Links von uns stand am Wege überall unsere Artillerie mit ihren Geschützen. Von ihnen holten wir uns immer Auskunft, ob wir es wagen konnten, weiterzugehen. Alles verlief soweit gut, bis wir aus Friesack heraus waren. Da kamen plötzlich Tiefflieger über uns. Mein Fahrrad, das ich von Arndts geliehen hatte und an dem ich meinen Koffer fuhr, an den Baum gestellt und mit den Kindern in ein Ein-Mann-Loch gesprungen, das war alles eins. Da saßen wir wie verängstigte Mäuse. Dicht über uns kreisten die Flieger und zielten nach uns. Geschosse mussten eingeschlagen haben, denn Sand rieselte uns in den Nacken.
In zehn Minuten war alles vorbei. Der taube Opa war weitergefahren, er hatte nichts bemerkt.
So ging es den ganzen Tag. Immer rein ins Loch, raus aus dem Loch, bis wir am Abend dreißig Kilometer geschafft hatten. Wer hatte wohl in weiser Voraussicht alle diese Löcher am Wege geschaffen?
Als es dunkelte, trennten wir uns. Während Arndts mit ihrem Wagen weiterfuhren, blieben wir drei am Straßenrand stehen und versuchten, ein Auto anzuhalten, denn es kam Bewegung in die Fahrzeuge. Lkw reihte sich an Lkw. Doch niemand hielt, um uns mitzunehmen; alle wollten am Morgen aus der Gefahrenzone heraus sein. Hoffnungslos standen wir da mit unserem Gepäck und winkten ....

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© Elfriede Zachen, Bad Oldesloe 1980 – Alle Rechte vorbehalten.


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