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Leseprobe 2 / 2

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Von Stettin nach Stepenitz

Zwei Gedichte aus der Heimat von Elfriede Zachen in Westpommern:

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Stettin und eine Heimfahrt nach Stepenitz


„Na, du Stettiner Bollwerksbummler?“
So scherzte man mit dem Begriff.
Dann gab's den „Hafenkneipentummler“,
der fröhlich sich ein Liedchen pfiff.

Hakenterrasse, stolzes Zeichen,
berühmter Anblick von Stettin,
ganz einfach nicht mehr zu erreichen,
drum träume ich mich wieder hin.

So fahre ich denn in Gedanken,
lenk' zu den Schiffen meinen Schritt.
Schon spüre ich ein leichtes Schwanken,
„Bad Stepenitz“, dort nimmt mich mit.

Zur Ostsee fahren viele Schiffe
an Strände von besond´rer Art.
Es locken Rügens Kreidekliffe,
es lockt die schöne Wasserfahrt.

Es locken Ahlbeck, Swinemünde,
Misdroy, vielleicht auch Ziegenort
und Stepenitz und Peenemünde,
ich wüsste noch manch and´res Wort.

Der Sonne Glitzern auf den Wellen,
das Gluckern zwischen Schiff und Kai,
die Segler, die vorüberschnellen,
ist das für immer nun vorbei?

Dicht neben der Kommandobrücke
habe ich einen Platz belegt.
Von allem, was ich so erblicke,
bin ich bereits zutiefst bewegt.

Vertrautes Stampfen, Brückenrollen,
die Leinen lösen sich vom Pier.
Einmal noch tuten aus dem Vollen,
dann geht es los, dann fahren wir.

Zunächst schau´n wir zur linken Seite.
Das Ufer steigt dort hügelan.
Wie bunt die Felder in der Weite,
die Wälder stehen obenan.

Am Bismarckturm scheint noch die Sonne,
seht nur, wie sie sich weiterschiebt.
Bald ist in Gotzlow eitel Wonne,
solch Wolkenspiel ist mir beliebt.

Dem Auge viel zu schnell geht's weiter.
Jetzt kommt Kratzwiek, dann Cavelwisch.
Allmählich wird die Oder breiter,
das Lüftchen nun schon merklich frisch.

Ans rechte Ufer geht's hinüber,
in Camelsberg, da halten wir.
Milchkannen, leere, gehen rüber,
gefüllt steh´n sie am Morgen hier.

In Langenberg noch mal das gleiche,
in Schwabach noch und Schwankenheim.
Dann sind wir gleich im Ortsbereiche
und werden bald zu Hause sein.

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© Elfriede Zachen, Bad Oldesloe 1980 – Alle Rechte vorbehalten.



Und viele Jahre nach dem Weltkrieg schreibt Elfriede Zachen dann von der ...

Erinnerung


Als einst der große Krieg vorbei,
blieb nur noch Aschenglut,
und wir, wir waren vogelfrei
und frei von Hab und Gut.

War´n aufgescheucht wie Spreu vom Wind,
der eine da und hier,
gedenken jetzt der Zeit als Kind,
zur Ruhe kamen wir.

Erinnerung in uns erwacht.
Sie zeichnet alles ein,
und welches Glück sie uns gebracht,
die Heimat mein und dein.

In Stepenitz, da lebten wir
am grünen Oderstrand.
Der liebe Ort war eine Zier
im schönen Pommernland.

Die Wiesen weit und hoch das Gras,
wo ich so gerne war,
des Papenwassers klares Nass
bot sich zum Bade dar.

Wir schaukelten im Fischerkahn
durch schwankes Binsenkraut
und hängten uns Seerosen an
wie eine Nixenbraut.

Zu Pfingsten brachten wir nach Haus
den Kalmus an die Tür,
der trieb die bösen Geister aus,
verscheucht' sie für und für.

Bei Försters an dem Waldesrand,
so um die Osterzeit,
da machten sich am Scheibenstand
die Leberblümchen breit.

Und jedes Jahr um diese Zeit
ging eine „Exkursion“
dorthin, es war ja nicht so weit,
und Blümchen wollt' man schon.

An Heidens Brücke war man bald
so jung und leichtbefußt.
Maiglöckchen wuchsen dort im Wald,
nicht jeder hat's gewußt.

Der Faulbaum brachte, düfteschwer,
Sehnsucht in das Gemüt.
So fühlt man es schon längst nicht mehr,
selbst wenn er hier auch blüht.

Am schönsten war zur Sommerzeit
das „In die Blaubeer'n gehen“.
Wohl war der Weg dorthin sehr weit,
doch in der Frühe schön.

Empfing uns endlich dann der Wald
so grün, so wunderschön,
darin des Kuckucks Rufen hallt',
konnte der Tag vergehn.

Ein sanftes Rauschen in der Luft
hörte man fort und fort.
Ja, dieser Wald mit seinem Duft
war mir der liebste Ort.

Wir pflückten, was gewachsen war
in seiner stillen Hut,
die roten Beeren – wunderbar –
und die mit blauem Blut.

Auch Pfifferlinge nebenbei,
gelb leuchtend in dem Moos,
die sammelten wir – eins, zwei drei –
hinein in unsern Schoß.

Das alles wurde heimgebracht,
es schmeckte zuckersüß
und hat das Leben schön gemacht
in unserm Paradies.

Die Herzen und die Hände voll,
die haben uns gelabt.
Wenn man's auch nicht mehr haben soll,
so hat man's doch gehabt.

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© Elfriede Zachen, Bad Oldesloe 1980 – Alle Rechte vorbehalten.


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